Archiv

Geschichte des Akademiearchivs

Das Archiv der Berliner Akademie der Wissenschaften wurde schon bald nach der Gründung der Kurfürstlich Brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften eingerichtet.


Gottfried Wilhelm Leibniz selbst, Begründer und erster Präsident der Berliner Sozietät der Wissenschaften, legte der Akademie die archivische Aufbewahrung ihrer Untersuchungsergebnisse und Unterlagen nahe. In der von ihm verfassten Generalinstruktion vom 11. Juli 1700, neben dem Stiftungsbrief gleichen Datums das Hauptgründungsdokument der Berliner Wissenschaftsakademie, heißt es: "Wir wollen auch dasjenige, so von dergleichen Vorschlägen und Werken ... an uns etwan gebracht wird, der Societät zukommen und communicieren lassen, damit alles von der Societät nach Notdurft untersuchet, ... verbessert oder auch verworfen, das Gute aber in Acta gebracht, auch verwahret und beybehalten und nicht, wie es sonst mit vielen nützlichen Erfindungen und Concepten ergangen, verlohren oder vergessen werde." Die Einrichtung des Archivs der Akademie, das zum damaligen Zeitpunkt noch nichts anderes sein konnte als die reponierte Altregistratur der Sozietät, gehörte zu den Aufgaben des Ordentlichen Mitglieds und Sekretars der Berliner Sozietät der Wissenschaften, Johann Theodor Jablonski (1654-1731), der im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts das Archiv betreute. Seine Haupttätigkeit war jedoch, die wissenschaftlichen und administrativen Geschäfte der Akademie zu führen. Die frühe Existenz des Archivs der Berliner Akademie der Wissenschaften bezeugt ein Bericht ihres Sekretars Jablonski an den Akademiepräsidenten Leibniz aus dem Jahre 1707. Darin teilt dieser mit, dass der preußische König Friedrich I. ein ihm zugesandtes Manuskript "ad archivum societatis" weitergereicht habe.


Wie wir aus den Akten wissen, wurde das in den ersten drei Jahrzehnten nach Gründung der Akademie entstandene Aktenschriftgut in der Wohnung des Akademiesekretars J. Th. Jablonski aufbewahrt. Von dort gelangte es nach dessen Tod 1731 auf das Observatorium in der Dorotheenstraße, bis zum Jahre 1752 Hauptsitz der Akademie. Dort diente eine kleine Kammer für längere Zeit als Aufbewahrungsort des Archivs. 1753 - ein Jahr nach dem Umzug der Akademie in ihr neues Gebäude Unter den Linden - wurde auch das Archiv vorübergehend in das Hauptgebäude verlagert. Sein Zustand ließ allerdings zum damaligen Zeitpunkt sehr zu wünschen übrig. So wurden in der Plenarsitzung der Akademie am 5. Oktober 1758 eigenhändige Schriften von Leibniz zur Gründung der Akademie vorgelegt, die man "sous l’escalier de l’observatoire" gefunden hatte.


Von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung des Akademiearchivs im 18. Jahrhundert wurde das Jahr 1765. Im Februar jenen Jahres setzte Friedrich II. eine Kommission aus den Akademiemitgliedern Leonhard Euler, Johann Georg Sulzer, Louis Isaac de Beausobre, Jean de Castillon, Johann Bernhard Merian und Johann Heinrich Lambert ein, die im königlichen Auftrag die während des Siebenjährigen Krieges stark zurückgegangenen Einkünfte der Akademie aus dem Kalender- und Landkartenverkauf überprüfen und Vorschläge zur Erhöhung der Akademieeinnahmen unterbreiten sollte. Die Mitglieder dieser "Commission nommée par Sa Majesté pour examiner les revenues de l’Académie" stellten bei ihrer Untersuchung fest, dass zahlreiche Unterlagen, die man im Archiv vermutete, sich noch in den Wohnungen des Akademiesekretars Jean Henri Samuel Formey und des Kalenderadministrators und Tresoriers der Akademie David Köhler befanden. Dies war für die Kommissionsmitglieder Anlass genug, die Neueinrichtung des Archivs zu beraten und auch durchzusetzen.


In dem von der Kommission ausgearbeiteten Etat der Akademie für das Jahr 1766, der am 16. September 1765 an Friedrich II. zur Bestätigung eingereicht wurde, war auch die Stelle eines Archivars mit einem jährlichen Gehalt von 250 Talern vorgesehen. Per Kabinettsdekret vom 22. September 1765 teilte Friedrich II. der Kommission mit, dass er den eingereichten Akademieetat mit seiner eigenhändigen Unterschrift gebilligt habe. Damit war auch das Amt des Archivars an der Akademie bestätigt.


Die Frage nach zweckmäßigster Einrichtung und Unterstellung des Archivs war Anlass einer harten Auseinandersetzung zwischen Euler und den übrigen Kommissionsmitgliedern. Dahinter verbarg sich das Ringen darüber, ob die Leitung der Akademieverwaltung weiterhin von den Akademiedirektoren ausgeübt werden sollte, oder ob die neugebildete Kommission nunmehr für die gesamte Akademieverwaltung zuständig sei. Euler, Direktor der Mathematischen Klasse und seit dem Weggang des Akademiepräsidenten Maupertuis aus Berlin im Jahre 1753 mit Billigung Friedrichs II. Leiter der Akademieverwaltung, musste schon die Bildung der Untersuchungskommission als Missbilligung seiner bisherigen administrativen Tätigkeit empfinden.


In der Sitzung der Kommission am 3. Oktober 1765 legte Euler mit seinem Entwurf "Sur l’Etablissement de l’Archif" seine Auffassungen über die Einrichtung des Archivs in schriftlicher Form vor. Euler wies darauf hin, dass das Archiv der Akademie bisher aus zwei Abteilungen bestehe, von denen die eine das aus der wissenschaftlichen Tätigkeit der Akademie entstandene Registraturgut umfasse, während die andere das durch die indirekte Finanzierungsform der Akademie (Kalendermonopol etc.) bedingte sehr umfangreiche ökonomische und administrative Registraturgut enthalte. Jede der beiden Archivabteilungen sollte nach Eulers Vorstellungen von einem Archivar betreut werden, wobei es für ihn unabdingbar war, dass der Tresorier der Akademie gleichzeitig das Amt des Archivars für das ökonomische und administrative Aktenschriftgut ausübe. Hinsichtlich der personellen Besetzung schlug Euler vor, es bei der bisherigen Regelung zu belassen, dass also der Beständige Sekretar Formey für das Archivgut aus der wissenschaftlichen Tätigkeit zuständig sei, während der ehemalige Kalenderadministrator und jetzige Tresorier Köhler aufgrund seiner Detailkenntnisse das ökonomische und administrative Archivgut betreuen solle.


Die Vorschläge Eulers stießen bei den übrigen Mitgliedern der Kommission, die sich schon bald Ökonomische Kommission nannte, auf entschiedene Ablehnung. Sie hielten es für nicht ratsam, das Archiv in den Händen von zwei Personen und damit an zwei verschiedenen Stellen zu belassen, sondern plädierten für ein einheitliches Archiv an einem Ort unter Beibehaltung der beiden historisch gewachsenen Abteilungen. Das Archiv sollte weder vom Beständigen Sekretar noch vom Tresorier der Akademie, sondern von einer von diesen Funktionsträgern unabhängigen Person geleitet werden. Schließlich wurde erwogen, das Archiv der Ökonomischen Kommission zu unterstellen, die für ihre Tätigkeit auf dessen Unterlagen zurückgreifen musste. Die Auseinandersetzung um die Einrichtung des Archivs wie um die Entscheidungsbefugnisse in den Finanz- und Verwaltungsangelegenheiten der Akademie veranlassten Euler, im November 1765 seine Mitgliedschaft in der Ökonomischen Kommission niederzulegen. Enttäuscht verließ er ein Jahr später Berlin und ging an die Petersburger Akademie der Wissenschaften zurück.


Die Aufgaben des Akademiearchivars wurden noch im Jahre 1765 von der Ökonomischen Kommission in einem ausführlichen Reglement festgelegt. Danach hatte der Archivar an den Sitzungen der Akademie teilzunehmen, um sich Notizen über die eingegangenen Schreiben und Manuskripte zu machen, die er dann zu gegebener Zeit für das Archiv anfordern sollte. Vom Beständigen Sekretar der Akademie hatte er alljährlich dessen Protokolle und Akten zu fordern und ins Archiv zu überführen. Nach dem Reglement sollte der Archivar außerdem als Registrator und Kopist für die Akademie zur Verfügung stehen.


Es ist also der Ökonomischen Kommission zu verdanken, dass seit 1765 das Akademiearchiv als eigenständige Einrichtung der Berliner Akademie der Wissenschaften besteht. Am 17. Januar 1766 nahm als erster Archivar der Hofrat Flesche die Arbeit nach dem neuen Reglement auf. Kurz darauf folgte ihm der Professor für Geschichte an der Ritterakademie Jakob Weguelin, der am 13. November 1766 Ordentliches Mitglied der Berliner Akademie wurde und bis zu seinem Tode im Jahre 1791 das Amt des Archivars innehatte.


Um alle wichtigen Quellenunterlagen im akademischen Archiv zusammenzufassen, forderte die Ökonomische Kommission die Akademiedirektoren und den Beständigen Sekretar auf, die älteren noch in ihrem Besitz befindlichen Protokolle, Manuskripte und Korrespondenzen an das Archiv zu übergeben. Für die Vereinigung der beiden bisherigen Teilarchive zu einem einheitlichen Archiv gab es auf dem Observatorium ausreichend Platz. Dieser Standort war von der Ökonomischen Kommission, die bis 1798 tätig war, offensichtlich bewusst gewählt worden, fanden doch auch dort die wöchentlichen Sitzungen der Kommissionsmitglieder statt. Nach der Neueinrichtung des Archivs begann man sogleich mit umfangreichen Ordnungsarbeiten am Archivbestand. In den Jahren 1766 bis 1768 wurde das aus der wissenschaftlichen, ökonomischen und administrativen Tätigkeit der Akademie hervorgegangene und im Archiv aufbewahrte Archivgut in drei Gesamtregisterbänden durch alphabetische Sachbetreffe erfasst. 1786 entstand das älteste erhaltene Findbuch des Archivs, der "Catalogue des actes".


Trotz der schon damals vorgenommenen Sicherung des Archivgutes der Akademie blieben Verluste in der Aktenüberlieferung aus dem 18. Jahrhundert nicht aus. Dies hängt weniger damit zusammen, dass während der Napoleonischen Kriege französische Truppen im Jahre 1806 Berlin besetzten und dabei auch das akademische Archiv zweimal heimsuchten, als mit der Haltung führender Akademierepräsentanten zum Schriftgut der Akademie. So achteten weder der Akademiepräsident Maupertuis (1698-1759) noch der Akademiesekretar Formey (1711-1797) auf eine Trennung zwischen der im Auftrage der Akademie geführten dienstlichen Korrespondenz und ihrer umfangreichen Privatkorrespondenz. Dadurch gelangten nach ihrem Tod ihre schriftlichen Nachlässe mit der darin enthaltenen dienstlichen Korrespondenz in verschiedene Hände und Aufbewahrungsorte außerhalb der Akademie. Das Dankschreiben des Enzyklopädisten Denis Diderot vom 5. Mai 1751 über seine Aufnahme in die Berliner Akademie der Wissenschaften sucht man zum Beispiel vergeblich in den Akten des Akademiearchivs. Es befindet sich im Archiv der Académie des Sciences in Paris, das seit 1990 den Nachlass des Berliner Akademiepräsidenten Maupertuis besitzt.


Nach der Reorganisation der Berliner Akademie der Wissenschaften in den Jahren 1807 bis 1812 wurde das Aufgabengebiet des Archivars noch erweitert. Neben seiner Tätigkeit als Archivar und Registrator war er nun auch für die Bibliothek der Akademie, den Druck der akademischen Schriften sowie für die Verwaltung und Inventarisierung des Kunstbesitzes der Akademie zuständig. Seine umfangreichen und verschiedenartigen Aufgaben wurden in der vom Sekretariat der Akademie am 8. Juni 1825 beschlossenen "Instruction für den Archivar der Königlichen Akademie der Wissenschaften" in 14 Punkten spezifiziert. In den Statuten der Akademie vom 31. März 1838 ist das Amt des Archivars in den Paragraphen 40 und 41 erstmals und ausführlich erwähnt.


1824 wurde Karl Heinrich Ulrici Akademiearchivar. Bei seinem Amtsantritt fand er das Archiv in trostlosem Zustand vor. Durch bauliche Veränderungen am Akademiegebäude hatte das Archiv seine Räume zu dieser Zeit vorübergehend aufgeben müssen. Die Akten hatte man dabei auf dem Dachboden der Akademie wahllos aufeinander geworfen. Die zum Teil ungehefteten Akten fielen auseinander, so dass Ulrici nach eigener Aussage "einen großen Haufen einzelner Papiere, der Zerstörung preisgegeben", vorfand. Nach umfangreichen Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten an den Akademieakten aus der Zeit von 1700 bis 1811 konnte er im Jahre 1832 ein neues Findbuch, das "Repertorium über die im Archive der Königlichen Akademie der Wissenschaften befindlichen Aktenstücke, 1. Abschnitt von 1700 bis 1811 incl." vorlegen. Diesem Findbuch liegt ein vorzügliches Ordnungsschema nach sachlichen Gesichtspunkten zugrunde, das sich bis heute bewährt hat. Ulrici legte auch ein Findbuch zu den im akademischen Archiv vorhandenen Preisschriften über die von der Akademie gestellten Preisaufgaben, zu den Akademievorträgen der Mitglieder und zu den sonstigen Manuskripten an.


Neben dem dienstlichen Schriftgut der Akademie, das "ex officio" in das Archiv übernommen wurde, gelangten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und verstärkt im 20. Jahrhundert die schriftlichen Nachlässe von Akademiemitgliedern und anderen bedeutenden Wissenschaftlern durch Schenkung, Ankauf oder als Depositum in die Obhut des Archivs. Diese Nachlässe sind nach 1945 die zweite Säule in der Bestandstektonik des Archivs.


Als 1944 die Literaturarchiv-Gesellschaft, 1891 auf Initiative des Philosophen und Akademiemitglieds Wilhelm Dilthey (1833-1911) zum Zwecke der Sammlung, Bewahrung und Auswertung von Nachlässen bedeutender Persönlichkeiten aus Literatur, Wissenschaft und Kunst gegründet, aufgelöst wurde, gingen deren Nachlassbestände in den Besitz der Preußischen Akademie der Wissenschaften über. Sie wurden zunächst von der Deutschen Kommission der Preußischen Akademie der Wissenschaften, später vom Institut für deutsche Sprache und Literatur der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin betreut. 1968 wurden die Nachlassbestände der ehemaligen Literaturarchiv-Gesellschaft aus dem Institut für deutsche Sprache und Literatur in das laut Akademiestatut dafür zuständige Akademiearchiv überführt. Seit dieser Zeit nimmt das Archiv mit seinen literarischen Nachlässen einen der ersten Plätze unter den Literaturarchiven im deutschsprachigen Raum ein.


Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Bestände des Akademiearchivs aus Sicherheitsgründen in einen Salzbergwerksschacht bei Bernburg an der Saale ausgelagert, von dort kehrten sie nach Kriegsende ohne größere Verluste in das alte, durch Kriegsschäden erheblich zerstörte Akademiegebäude Unter den Linden zurück. Die 1946 von der sowjetischen Armee in die Sowjetunion verbrachten Archivalien der Preußischen Akademie der Wissenschaften, darunter drei Foliobände mit den Diplomen Alexander von Humboldts und ein Protokollband mit den Sitzungsprotokollen der Gesamtakademie aus dem Jahre 1890, gelangten aufgrund der deutsch-sowjetischen bzw. deutsch-georgischen Verhandlungen über den Austausch kriegsbedingt verlagerten Archivgutes erst 1996 und 1997 in das Akademiearchiv zurück. Am 1. März 1952 wurde das Archiv als wissenschaftliche Einrichtung der Akademie durch Beschluss des Präsidiums der am 1. Juli 1946 auf Grundlage des Befehls Nr. 187 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland wiedereröffneten Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin neu begründet. In Abstimmung mit der Staatlichen Archivverwaltung der DDR besaß das Akademiearchiv von Anfang an den Charakter eines Endarchivs mit alleiniger Zuständigkeit für das aus der Tätigkeit der Akademie seit 1700 bereits erwachsene bzw. noch entstehende Schrift-, Bild- und Tonschriftgut sowie für die im Besitz der Akademie befindlichen schriftlichen Nachlässe von Akademiemitgliedern und anderen bedeutenden Wissenschaftlern. Diese Endarchivfunktion wurde später in den Statuten und Akademieanweisungen sowie in den archivgesetzlichen Bestimmungen der DDR verankert.


Bereits 1957 war das Archiv mit seinen Beständen in das Hauptgebäude der Akademie am Gendarmenmarkt umgezogen, hier boten die unterirdischen Tresorräume der ehemaligen Preußischen Staatsbank gute Lagerungsbedingungen.


Die 1946 beginnende Umwandlung der Berliner Akademie der Wissenschaften von einer Gelehrtengesellschaft in eine Akademie mit eigenen Forschungsinstituten wirkte sich auch auf das Akademiearchiv aus. Angesichts der territorial breit gefächerten Verteilung der Forschungseinrichtungen der Akademie über die gesamte DDR schied eine zentralisierte Aufbewahrung des zu archivierenden Aktenschriftgutes aller Akademieinstitute im Akademiearchiv in Berlin wegen nicht vorhandener Magazinkapazitäten von vornherein aus. Das Archiv stand daher vor der Ende der fünfziger Jahre begonnenen Aufgabe, ein Archivnetz aufzubauen und in den Instituten Institutsarchive als Zwischenarchive einzurichten. Das für alle Institutsarchive zuständige Endarchiv war das Akademiearchiv, ihm oblag die fachliche Anleitung und Kontrolle der in den Institutsarchiven eingesetzten Archivbeauftragten.


Neben Sicherung und Ergänzung der Archivbestände war die nutzerorientierte Erschließung des Archivgutes ein weiterer Schwerpunkt der vergangenen Jahrzehnte. Durch Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten wurde die Auswertbarkeit der Bestände in allen Archivabteilungen spürbar verbessert. 1972 begann das Archiv auch mit der Erfassung und Katalogisierung des Kunstbesitzes der Akademie, der 1983 aus dem Archiv herausgelöst und zu einer eigenständigen Kustodie zusammengefasst wurde.


In der Zeit des Umbruchs von 1989 bis 1990 war auch das Fortbestehen des Akademiearchivs in Frage gestellt. Mit der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 und dem Einigungsvertrag vom 31. August 1990 wurde die Akademie der Wissenschaften der DDR als Gelehrtensozietät von den Forschungsinstituten und sonstigen Einrichtungen getrennt. Über die Fortführung der Gelehrtensozietät sollte landesrechtlich entschieden werden. Die Forschungsinstitute und sonstigen Einrichtungen sollten als Einrichtungen der Sitzländer bis zum 31. Dezember 1991 fortbestehen. In dieser Zeit wurden die wissenschaftlichen Einrichtungen durch den Wissenschaftsrat begutachtet. Am 3. Oktober 1990 war das Archiv mit seinen Beständen in die Zuständigkeit des Landes Berlin übergegangen. Wie alle anderen Institute und Einrichtungen der DDR-Akademie unterstand es der Interimsadministration KAI-AdW (Koordinierungs- und Abwicklungsstelle für die Institute und Einrichtungen der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR). Hinsichtlich Herkunft, Inhalt und Nutzung seiner Archivbestände verstand es sich jedoch gleichzeitig als infrastrukturelle Einrichtung der Gelehrtensozietät.


Entscheidend für den Fortbestand des Akademiearchivs war die im Dezember 1990 vom Berliner Senat berufene Planungsgruppe von Wissenschaftlern aus Ost und West, die Vorstellungen über eine künftige Akademie der Wissenschaften in Berlin entwickeln sollte. Zur gleichen Zeit beantragte der damalige Präsident der Gelehrtengesellschaft beim Wissenschaftsrat der Bundesrepublik Deutschland die Evaluierung des Akademiearchivs. Diese fand am 18. März 1991 durch den Wissenschaftsrat statt. Dessen Empfehlung stellte die Weichen für die Angliederung des Archivs an die neu zu konstituierende Akademie der Wissenschaften in Berlin. Ab 1. Januar 1992 unterstand es bis zur Übernahme durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften der "Koordinierungs- und Aufbau-Initiative für die Forschung in den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V." (KAI e.V.), die aus KAI-AdW hervorgegangen war.


Das Archiv wurde mit der archivischen Sicherung und Übernahme der schriftlichen Hinterlassenschaft aus den zum Jahresende 1991 aufgelösten Akademieinstituten und -einrichtungen betraut. Schon im Laufe des Jahres 1991 war das Archiv mit einem massenhaften Zustrom dienstlichen Schriftguts der aufgelösten Zentralen Leitungsorgane und Verwaltungsabteilungen der DDR-Akademie konfrontiert worden.


Mit dem durch den Einigungsvertrag festgelegten Übergang der Institute und Einrichtungen in die Hoheit der Sitzländer entfiel die Funktion eines Endarchivs für den Gesamtbereich der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR. In Absprache mit KAI-AdW, dem Berliner Landesarchiv und der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung war es allerdings für das dienstliche Schriftgut - einschließlich Personalakten - der in Berlin gelegenen Akademieinstitute und -einrichtungen zuständig. Das Archiv konzentrierte sich daher im Jahr 1992 auf die Übernahme und archivische Sicherung des Aktenschriftgutes aus den über 40 aufgelösten Berliner Akademieinstituten und -einrichtungen. Um die beträchtlichen Aktenschriftgutmengen archivisch sichern zu können, wurde 1992 eine Außenstelle mit einer Lagerungskapazität von 3 000 lfm Akten eingerichtet. Insgesamt übernahm das Archiv in den Jahren 1990-1993 2 500 lfm Akten, darunter 15 000 Personalakten. Inzwischen hatte es auch die Akten der ehemaligen Westberliner Akademie der Wissenschaften sowie von KAI-AdW und KAI e.V. übernommen.


Ein entscheidender Schritt zur Anbindung des Archivs an die neu zu errichtende Akademie der Wissenschaften war der von den Ländern Berlin und Brandenburg ausgearbeitete Staatsvertrag über die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, der am 1. August 1992 in Kraft trat. Artikel 12, Absatz 2 des Staatsvertrages legte fest, dass die neukonstituierte Akademie die Infrastruktureinrichtungen (Bibliothek, Archiv, Kustodie) der Gelehrtensozietät der DDR-Akademie übernimmt. Am 28. März 1993 fand der Festakt zur Neukonstituierung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften statt. Eine vom Plenum der Akademie gewählte Kommission für die Bibliotheks-, Archiv- und Publikationsangelegenheiten legte die Aufgabenstellung und Struktur des Archivs fest. Die Kommission entschied, dass der 1983 aus dem Akademiearchiv herausgelöste und in einer Kustodie zusammengefasste Kunstbesitz der ehemaligen Akademie wieder in die Abteilung Sammlungen des Archivs zurückzuführen sei. Die Kommission erarbeitete außerdem eine Archiv- und Benutzungsordnung.


Seit dem 1. Januar 1994 ist das Archiv eine wissenschaftliche Einrichtung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und als solche dem Wissenschaftsdirektor unterstellt. Das Archiv ist im Akademiegebäude am Gendarmenmarkt in der Jägerstraße 22/23 untergebracht. Seine Außenstelle befindet sich am Hausvogteiplatz 5-7.


In den Jahren 2012 und 2013 ist das Akademiearchiv grundlegend saniert worden. Es konnte ein großer und modern ausgestatteter Lesesaal im Eingangsbereich des Archivs mit 11 Leseplätzen, darunter zwei Online-Plätze, geschaffen werden. Die Ausstellungsflächen wurden vergrößert, so dass die Schätze des Archivs besser präsentiert und auch größere Personengruppen zu Archivführungen eingeladen werden können. Der bisherige Lesesaal wurde in einen Findmittel- und Veranstaltungsraum umgewandelt. Dadurch können im Archivbereich auch kleinere Veranstaltungen oder Zusammenkünfte mit bis zu 15 Personen durchgeführt werden. Im Hauptmagazin konnte durch den Einbau moderner Regalkompaktanlagen die Lagerungskapazität von 1.900 auf 2.000 Regalmeter erhöht werden. Durch die Klimatisierung des Magazinbereichs und andere Maßnahmen wurden hier optimale Lagerungsbedingungen für das kostbare Archivgut geschaffen.

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